Tipp 5: Bandenwerbung bei Olympia

Für die Sportlichen unter Ihnen: schon mal überlegt den Namen Ihrer Liebsten oder Ihre ganz persönlichen Liebesschwüre gut sichtbar und werbewirksam in Turin zu platzieren? Da würde sich so einiges anbieten: Bandenwerbung, Stirnbandeln, Rodeln, Schneekanonen, Blutwäschemaschinen, Autobahnprovisorien, Containerdörfer, Beruhigungspillen etc. etc. Die Liste ist schier endlos. Aber bitte nicht nach der schnöden und abgegriffenen Devise „Dabei sein ist alles“. Dann kann man ja gleich zuhause vor dem Fernseher versumpfen, denn da ist man ja auch 250 Stunden live dabei. Und Sie würden ja auch ansonsten wenn es Aktivitäten mit Ihrer Schlafgemachsmitbewohnerin betrifft nur einfach so dabei sein wollen. Nein, ein echter Neoliberale geht da nach dem Motto „the winner takes it all!“ vor. Denn im Grunde geht es ja genauso wie im realen Leben stets darum die Konkurrenz zu übertrumpfen. Darum nennt man diese Sportevents ja auch Wettbewerbe, weil sie ebenso den neoliberalen Grundprinzipien huldigen wie die Wirtschaft und eben das ganze Leben. Der sportliche Wettkampf ist schon von seinen etymologischen Wurzeln her total neoliberal: kommt das Wort Konkurrenz doch vom lateinischen concorrere, was zusammenlaufen bedeutet, also genau das was die Biathleten auf einem Teil der Strecke machen, nämlich zusammen laufen.

Jetzt werden die Gewitzten unter Ihnen gleich aufschreien: Achtung Fettnäpfchenalarm! Sport – das ist doch nichts für Frauen, mit so einem Geschenk fährt man doch 100%ig ein. Falsch gedacht, da unterschätzen Sie die werten Damen aber gewaltig! Buhlten nicht schon zu früheren Zeiten die Männer um die Gunst ihrer Angebeteten indem sie sich duellierten um herauszufinden wer von ihnen der Bessere sei? Total neoliberal eben. Haben Sie denn noch nie den Glanz in den Augen Ihrer Liebsten gesehen, wenn Hermann Maier wieder mal sabbernd im Ziel angekommen ist oder ihren unterdrückten Aufschrei gehört, wenn’s ihn wieder mal zerbröselt hat? Warum denken Sie, dass die Skianzüge so derart hauteng geschnitten sind, während Sie selbst beim Aufreißen von Skihaserln sich erst durch 150 Schichten arbeiten müssen? Das hat doch nichts mit Aerodynamik zu tun. Und warum glauben Sie sind Slalom-Bewerbe derart beliebt? Im Klartext: Sport und insbesondere der Alpin-Sport sprüht nur so vor Sexappeal. Sonst würde das Motto der heurigen Olympiade wohl kaum „Passion lives here“ lauten.

Jetzt werden Sie natürlich gleich mit den Achseln zucken und meinen: zu spät, das Spektakel steigt doch ab heute, da sind doch die ganzen Werbeverträge schon unter Dach und Fach. Weit gefehlt: dort unten steht doch noch nicht mal die Autobahn geschweige denn die Stadien, die Abfahrtsstrecken sind nur durch irgendwelche Wald- und Wiesenwege zu erreichen, Eintrittskarten hat sich auch kaum jemand gekauft. Sie glauben doch wohl nicht im Ernst, dass da irgendjemand die Zeit gehabt hätte sich um die kleinen, aber in unserer neoliberalen, um Aufmerksamkeit so buhlenden Welt feinen Details zu kümmern. Die Marketing-Fuzis von Olympia 2006 fressen Ihnen geradezu aus der Hand, denn Sie sind ihre letzte Rettung, damit wenigstens noch ein bisserl Geld in die Kassa fließt. Wenn Sie nur genug springen lassen, gelingt es Ihnen sicher auf Hermann Maiers Allerwertesten die Worte „I love you Trude“ anbringen zu lassen. (Stellen Sie aber bloß sicher, dass ihre Angebetete den Überbringer der Nachricht von ihrem Sender zu unterscheiden weiß, sonst entschließt sie sich womöglich noch über Nacht Skifahrergroupie zu werden.) Wenn „Iglo“ auf der Brust der starken Athleten Platz hat, dann passt „Inge“ dort genauso gut hin.

Und Sie haben da ja wirklich das große Los gezogen: Laut Programm steht am Valentinstag die Kombinationsabfahrt, der Slalom, Eishockey und Langlaufen an. Da sollte doch für jeden Geschmack etwas dabei sein. Ein kleiner Insidertipp der Redaktion wären die Curling-Wettbewerbe, das am 14. ebenfalls gut vertreten sind. Curling – das sind Granit, Eis und Besen. Klingt komisch, ist aber so. Unterschätzen Sie dabei nicht die anziehende Wirkung eines Besens, denn auch Harry Potter flogen schon die Herzen zu, wenn er mit seinem Besen über das Spielfeld flitzte. Und der ist in Sachen neoliberaler Auflagensteigerung und Cross-Media-Promotion wohl ein Guru. Hierzulande ein oft (noch) unterschätzter und geschmähter Sport, ist Curling jedoch geradezu als Paradebeispiel für die Veranschaulichung neoliberaler Prinzipien zu sehen: eigentlich ein Mannschaftssport, zeigt er doch zugleich, dass man sich ständig auf glatten Boden befindet und dabei riskiert vom nächsten aus der Bahn geworfen zu werden. Zudem ist es noch relativ einfach dort jemanden zu finden, der bereit ist als wandelnde Reklame für Sie zu fungieren und sein Dress im 80er-Jahre-Kalter-Krieg Style Ihrer CI anzupassen.

Kritik

Eines vorneweg, als sportbegeisterter Mensch trieb mir folgender Tip die Tränen in die Augen. Es wäre ja auch zu schön um wahr zu sein, wenn da nicht... ja wenn da nicht...

Bei Olympia sind nur einige Großsponsoren zugelassen. McDonalds ist zum Beispiel darunter, die für ihre "großzügige" Millionenunterstützung u. a. ein Mc Donalds Restaurant an den Wettkampfstätten errichten durften. Weder Werbung am Athleten, noch irgendwelche anderen "schleichenden" Werbungen sind erlaubt... der geneigte normale Neoliberalist hat bei Olympia wohl keine Chance, sich im Rennen um die wenigen, teuren, Werbechancen gegen seine großen neoliberalen Brüder, Schwestern und Vorbilder durchzusetzen.

Nichts desto trotz finde ich die Idee an und für sich bahnbrechend und wer weiß, vielleicht lacht ja schon bei nächsten Olympiade, nach modifizierung der Werbebedingungen von Seiten des IOC, ein kleines Werbebanner mit dem Foto der Liebsten im Auslauf der alpinen Skirennen oder am Fusse der Großschanze?

mit entschlossen neoliberalen Grüßen

Mig

Lila Elefant - 14. Feb, 14:28

Schande über meine Praktikantin!

Mit Schrecken mussten wir feststellen, dass Sie, geschätzter neoliberaler Leser Recht behalten. Die Werbemöglichkeiten bei Olympia sind tatsächlich beschränkt, was für eine gemeine Freiheitsberaubung, was für eine Wettbewerbsverzerrung! Wir sind zutiefst bestürzt. (Und ich kann Ihnen versichern, dass meine Praktikantin für ihre fehlende Recherche zur Verantwortung gezogen wird. So etwas lasse ich nicht durchgehen und es wird sofort in Ihrer Leistungsbewertung vermerkt. Zusätzlich darf sie heute noch die gesamten Redaktionsräume säubern, damit sie es sich das nächste mal zwei Mal überlegt, so eine grobe Pflichtverletzung zu begehen)

Die Petition für die Freiheit der Olympiawerbung ist im Entstehen und wir sind zuversichtlich, dass wir auch den IOC bis zu den nächsten Spielen von unseren neoliberalen Prinzipien überzeugen können.

Wir kämpfen für die Freiheit! Für Ihre und die des Sports!
mit kämpferischen Grüßen

Lila Elefant

Neoliberalismus macht Spaß!

Hallöchen!

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